Wenn ein Unternehmen seine Brand über die eigenen Landesgrenzen hinaus schützen möchte, stehen drei Hauptstrategien zur Wahl:
nationale Markenanmeldungen in den jeweiligen Ländern,
die internationale Registrierung über das Madrider System (WIPO) und
die EU-weite Unionsmarke (EUIPO).
Jede dieser Schutzstrategien hat spezifische Vor- und Nachteile – sie können auch kombiniert werden. Die Wahl der passenden Strategie hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab und erfordert eine Beurteilung im jeweiligen Einzelfall. Im Folgenden werden zur Orientierung die wichtigsten Vor- und Nachteile der verschiedenen Strategien dargelegt.
Nationale Markenanmeldungen in den gewünschten Ländern
Eine Möglichkeit ist die Anmeldung von nationalen Marken bei den Markenämtern jener Länder, in denen Schutz benötigt wird. Für ein österreichisches Unternehmen bedeutet das: Will es seine Marke im DACH-Raum schützen, meldet es zusätzlich zu seiner österreichischen Marke in Deutschland und der Schweiz jeweils eine nationale Marke an.
Vorteile:
Maßgeschneiderter Schutz: Nationale Einzelanmeldungen sind insbesondere dann eine gute Alternative, wenn nur wenige Auslandsmärkte relevant sind. Man beantragt Markenschutz in den benötigten Ländern und zahlt nur dafür.
Unabhängigkeit der Marken: Jede nationale Registrierung steht für sich. Probleme oder Widersprüche in einem Land beeinflussen den Markenschutz in anderen Ländern nicht. Anders als bei der Unionsmarke führt z.B. ein Konflikt mit einer älteren Marke in einem bestimmten Land nur dort zum Scheitern der Anmeldung, während die Marken in anderen Ländern unberührt bleiben. Nationale Marken sind daher weniger leicht angreifbar als Unionsmarken.
Nachteile:
Höherer Aufwand: Für jedes Zielland muss ein separates Anmeldeverfahren durchlaufen werden (oft in Landessprache und allenfalls mit lokalem Vertreter). Das bedeutet mehr Bürokratie und Verwaltungsaufwand.
Kosten: Mehrere nationale Markenanmeldungen kosten insgesamt schnell mehr als eine Unionsmarkenanmeldung. Die Verwaltung mehrerer einzelner Marken (Erneuerungen, Überwachungen etc.) ist aufwendiger und verursacht Folgekosten in jedem Land.
Begrenzte Reichweite: Eine nationale Marke bietet immer nur im jeweiligen Land Schutz.
Internationale Registrierung über das Madrider System (WIPO)
Das Madrider System ermöglicht es theoretisch, mit einem einzigen Antrag Markenschutz in über 130 Ländern zu erlangen. Voraussetzung dafür ist eine sogenannte Basismarke – für österreichische Unternehmen etwa eine bereits angemeldete oder eingetragene österreichische Marke oder Unionsmarken(anmeldung). Auf Basis einer österreichischen Marke kann ein österreichisches Unternehmen beim Österreichischen Patentamt einen Antrag stellen, der an die WIPO weitergeleitet wird. In diesem Antrag wählt man die Vertragsstaaten aus, in denen Schutz begehrt wird, und die WIPO trägt die Marke in das internationale Register ein. Danach prüfen die jeweils benannten Länder nach ihren nationalen Vorschriften, ob Schutzhindernisse vorliegen.
Vorteile:
Breite Abdeckung mit einem Antrag: Über das Madrider System kann eine Marke mit nur einer Anmeldung international registriert werden. Man spart Zeit und Kosten, da nicht in jedem Land einzeln eingereicht werden muss (keine Übersetzungen oder lokale Vertreter für jede Anmeldung nötig).
Flexible Länderauswahl: Der Anmelder bestimmt selbst, welche Länder oder Regionen abgedeckt werden sollen. Im Unterschied zur Unionsmarke (die automatisch alle EU-Staaten umfasst) kann man bei der IR-Anmeldung gezielt nur diejenigen Länder benennen, die auch wirklich relevant sind – und auch Nicht-EU-Länder wie die Schweiz, das Vereinigte Königreich oder die USA. Später lassen sich weitere Länder hinzufügen.
„Bündel“ einzelner Landesrechte: Obwohl es eine zentrale Anmeldung ist, wirkt die internationale Registrierung wie ein Bündel nationaler Markenrechte, die weitgehend unabhängig voneinander sind. Wird die Marke in einem benannten Land zurückgewiesen oder wegen eines Konflikt mit einem älteren Recht der Schutz verweigert, bleibt der Markenschutz in den anderen ausgewählten Ländern dennoch bestehen. Man verliert also nicht den gesamten internationalen Schutz, sondern nur das eine betroffene Land.
Einfachere Verwaltung: Verlängerungen oder Änderungen (Inhaberwechsel, Adressänderungen etc.) können zentral vorgenommen werden. Das vereinfacht die Markenverwaltung und ist in der Regel deutlich kostengünstiger als separate Verlängerungen für nationale Registrierungen.
Nachteile:
Abhängigkeit von der Basismarke: In den ersten fünf Jahren ist die internationale Registrierung an das Schicksal der Basismarke geknüpft. Wird die Basismarke in dieser Zeit gelöscht oder der Schutz in einem Widerspruchsverfahren aufgehoben, so fällt auch die internationale Registrierung in allen Ländern weg (sogenannter „Zentralangriff“). Die WIPO bietet in einem solchen Fall die Möglichkeit, innerhalb einer Frist die internationale Registrierung in nationale Anmeldungen umzuwandeln. Dies ist jedoch mit Zusatzaufwand und -kosten verbunden.
Länderspezifische Prüfung: Jedes Land prüft die Marke nach eigenem Recht. Kommt es in einigen Ländern zu Beanstandungen oder Widersprüchen, muss man sich dort mit den nationalen Amtssprache und Verfahren auseinandersetzen – oft unter Hinzuziehung lokaler Anwälte. Die internationale Registrierung erspart zwar separate Anmeldungen in mehreren Ländern, eventuelle Zurückweisungen erfordern aber pro Land individuelle Lösungen.
Nicht alle Länder abgedeckt: Zwar deckt das Madrider System über 130 Länder ab, doch einige Staaten sind (noch) nicht Vertragsparteien. In solchen Ländern müsste weiterhin direkt national angemeldet werden.
Unionsmarke
Die Unionsmarke bietet Markenschutz in allen Mitgliedstaaten der EU mit nur einer einzigen Anmeldung. Zuständig ist das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante. Eine erfolgreiche Unionsmarkenanmeldung verleiht dem Inhaber ein exklusives Markenrecht in derzeit 27 EU-Ländern gleichzeitig. Der Schutz erstreckt sich dabei auch automatisch auf künftige EU-Mitgliedsländer, ohne dass eine erneute Anmeldung nötig wäre.
Vorteile:
EU-weite Abdeckung: Mit einer einzigen Registrierung erhält man Markenschutz in der gesamten Europäischen Union. Das ist praktisch, wenn ein Unternehmen über Österreich hinaus in mehreren EU-Ländern tätig ist oder dies plant. Man muss nicht für jedes Land separat anmelden.
Zentralisiertes Verfahren: Die Anmeldung erfolgt in einer Sprache (z.B. Deutsch) direkt beim EUIPO. Es gibt nur ein Register, ein Verfahren, ein Amt. Dadurch entfallen multiple nationale Verfahren. Auch die Verlängerung oder Verwaltung der Marke wird erheblich vereinfacht, da man nur eine Marke für alle EU-Länder betreuen muss.
Kostenersparnis (bei breiter Nutzung): Die Gebühren für eine Unionsmarke (ab ca. 850 €) decken sofort alle 27 Länder ab. Im Vergleich zu der Summe einzelner nationaler Gebühren ist dies in der Regel bereits bei drei Ländern günstiger. Es ist auch nur eine einzige Erneuerungsgebühr alle zehn Jahre fällig. Damit erhält man für geringes Geld einen umfassenden Schutz in der ganzen EU.
Automatische Erweiterung: Wächst die EU, wächst der Schutzbereich automatisch mit. Bei Beitritt neuer Länder zur EU genießt die Unionsmarke dort ohne weiteres Zutun ebenfalls Schutz.
Nachteile:
“Alles oder Nichts”-Prinzip: Die Eintragung einer Unionsmarke verlangt, dass sie in allen Mitgliedsstaaten schutzfähig ist. Bereits wenn in einem EU-Land ein absolutes Schutzhindernis vorliegt (z.B. die Marke dort als beschreibend gilt) oder mit einem älteren Recht kollidiert, scheitert die Unionsmarkenanmeldung oder kann erfolgreich ein Löschungsantrag erhoben werden. Es genügt etwa eine verwechslungsfähige ältere Marke in einem einzelnen EU-Staat, um die gesamte Unonsmarke(nanmeldung) zu Fall zu bringen. Zwar gibt es die Möglichkeit der Umwandlung in nationale Markenanmeldungen (für die Länder, in denen keine Hindernisse bestehen), jedoch sind die bereits gezahlten Gebühren verloren und es entstehen zusätzliche Kosten für die einzelnen Länder.
Anders gesagt: Da die Unionsmarke in vielen Ländern wirkt, können theoretisch mehr Inhaber älterer Rechte Widerspruch einlegen. Die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts erhöht sich mit der geographischen Reichweite. Während man bei nationalen Marken nur mit älteren Rechten des jeweiligen Landes konkurriert, muss man bei einer Unionsmarke alle bestehenden Rechte berücksichtigen – was die Recherche und Risikoabwägung komplexer und viel teurer macht.
Fazit
Die Wahl der richtigen Strategie für die Internationalisierung der eigenen Marke hängt maßgeblich von den Expansionsplänen und Prioritäten des Unternehmens ab. Zu beachten ist bei der Wahl der Strategie darüber hinaus insbesondere die „Konfliktsituation“ – also welche älteren Rechte bestehen in welchem Land.
ZEMANN IP berät und unterstützt Ihr Unternehmen gerne bei der Wahl der passenden Strategie. Nehmen Sie gerne Kontakt auf.